3.1.1 Aikonetic

„Lieber Spezialist sein, als Allrounder“- Hakan Sisman (Aikonetic GmbH) im IEBD Interview. Der Gründer beantwortet Fragen zu den Anfängen seiner Zeit als Selbstständiger Stand 02.05.2022

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Intro

Hakan Sisman gründet Ende 2019 in den ersten Monaten seines Masters die Aikonetic GmbH. Er studierte Wirtschaftsingenieurwesen mit der Vertiefung Maschinenbau, wobei er eine empirische Bachelorarbeit in einem Unternehmen für erneuerbare Energien schrieb. Während dieser Zeit wurde er von Herrn Prof. Köhler betreut, welcher ihn auf die Prozessanalyse- und Optimierung aufmerksam machte. Durch grobe Ähnlichkeit der Prozesstechniken im Maschinenbau und der IT und ständigem Kontakt mit einem Softwareentwicklungsteam schaffte Herr Sisman es schnell, sich in die Themen einzuarbeiten. Da die Aufgaben im Rahmen seines Projektstudiums umfangreicher waren, als Anfangs erwartet, lernte er in dieser Zeit sehr viel und konnte dieses Wissen später nutzen. Heute ist die Aikonetic GmbH in den Bereichen App- und Webentwicklung tätig, wobei es in den Aufträgen oft um komplexe Anwendungen und plattformübergreifende hybride Applikationen geht. Hakan Sisman schafft es sich von Mitbewerbern abzuheben, indem Aikonetic seinen Kunden besondere Flexibilität und Berücksichtigung aller Wünsche bietet. Er möchte in Zukunft den Fokus des Unternehmens auf den Bereich der KI legen.

Wann kam der erste Gedanken zum Gründen?

„Ich glaube drei Monate nachdem ich mit dem Masterstudium angefangen habe, war klar für mich, ich habe keine Lust als Werkstudent tätig zu sein und kleinere Tätigkeiten zu machen, ich probiere es jetzt und wenn es nicht funktioniert, dann funktioniert es eben nicht, aber ich mache es. [...] Ich habe einfach gedacht, komm ich lege jetzt los, ich habe 6 Monate Zeit was daraus zu machen. Wenn ich dann auch nur ein bisschen Geld einfahre, dann mache ich es.“

Gab es anfangs Probleme?

„Das größte Problem ist die Kundenakquise. Für jemanden, der nicht von vornerein sein Netzwerk aufgebaut hat, ist die Kundenakquise das schwierigste. Nicht die Qualität und nicht die Quantität, sondern in aller erster Linie die Kundenakquise. Wenn das nicht stimmt, kann danach gar nichts passieren. Das war zum Beispiel ein Nachteil gegenüber Leuten, die aus dem Bereich kommen.“ (Auf die Frage wie das Problem gelöst wurde): „Dran bleiben, weitermachen, sich umhören und dann hat man die ersten Kunden bekommen. Die haben einen weiterempfohlen. Das ganze letzte Jahr lief komplett ohne Marketing. [...] [dabei] rede ich von aktivem Marketing, wie Advertising oder Social Media Werbung. Es gab einen Kunden, der das ganze gedreht hat. Er war so zufrieden, dass er uns an vier weitere Unternehmen empfohlen hat, wovon einer gleich vier Projekte mit uns gemacht hat.“

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Wo konnte die TH-Lübeck helfen?

„Frau Wohlert hat mir geholfen, indem ich ihr damals meinen ersten Businessplan vorgestellt habe. Ich habe mit einem kleinen Budget von 3.000 Euro angefangen, was ok ist. Man hat keinen Wareneinsatz, man hat nur Zeit. Sie hat den Businessplan begutachtet [...] und dann aber speziell dabei geholfen, Kontakt herzustellen zu einem Patentanwalt. Dieser konnte dabei helfen die Marken komplett kostenlos mit uns durchzugehen, sodass ich sie selbst anmelden kann. Zu meinen beiden damaligen Professoren und auch zu Herrn Professor Köhler habe ich immer noch Kontakt.“

Womit hast du zum Beginn nicht gerechnet?

„Zeitmanagement. Zeitmanagement in allen Facetten. Egal ob projektbezogen oder auf das Leben selbst. Bei Projekten unterschätzt man einige erheblich. Man muss zudem stark verhandeln können. Man muss standhaft sein und sagen können, dass das Projekt komplett außerhalb des Budgets ist und diesbezüglich vorrausschauen. [...]Ich habe ein Projekt angenommen, welches ich mit einer anderen Technologie zu lösen glaubte und das konnte ich am Ende nicht. [Ich] wollte und musste teilweise aber auch abliefern und habe das mit einem eigenen Framework gelöst, was ein viel zu großer Aufwand war. Ich habe daran Verlust gemacht. Aber aus den Fehlern lernt man.“

Hatte das Gründen Einfluss auf deine Person?

„Man muss sich im Klaren sein, dass der Zeitaufwand erheblich wächst. [...] In der Anfangszeit habe ich 90 bis 100 Stunden die Woche gearbeitet. Jetzt ist es nicht viel weniger. Ich bin immer noch sechs Tage die Woche für so 10 bis 12 Stunden am Tag hier, einfach, weil ich die Arbeit sonst nicht bewältigen kann. Als Freelancer lässt man sich die Stunden bezahlen, aber als Entwickleragentur hat man komplette Projekte, die man von Anfang bis Ende betreut. Und da sind Zeitmanagement und der Zeitaufwand Dinge, die man nicht unterschätzen darf. Zudem kommt noch das ganze Private.“ (Auf die Frage wie das Umfeld reagiert, wenn man viel mehr abreitet): „Die, die eh nicht bleiben wollten, sind weg und diejenigen, bei denen es klar war, dass sie bleiben, sind noch da.“

Würdest du was anders machen?

„Ich hätte im Projektmanagement wesentlich realistischer geplant. Heute hat man einfach ein besseres Gefühl dafür. Ich hätte mein Ziel außerdem weitaus klarer strukturiert. Ich hätte von vornerein meinen Fokus klar setzen sollen, worauf ich mich spezialisieren will und das auch machen. [Ich hätte nicht] die Bandbreite immer weiter erhöhen sollen, obwohl der Fokus eigentlich woanders liegt, bei der Appentwicklung. Lieber Spezialist sein, als ein Allrounder.“

Was war der schönste Moment seit der Gründung?

„Ich stand an einem Zeitpunkt mit dem Rücken zur Wand. Auf dem Firmenkonto waren noch ein paar Hundert Euro drauf. Ich hätte privates Geld noch reinstecken können, aber ich hatte auch schon Mitarbeiter. Ich habe Gas gegeben und habe 120 Stunden die Woche gearbeitet, damit wieder was reinkommt. Laufende Projekte mussten abgegeben werden, damit die Restzahlung reinkommt. Aber das war halt der beste Moment, weil ich in 6 Wochen 12 Aufträge bekommen habe. [...] Ich weiß, dass jeder da aufgehört hätte, aber ich habe weiter gemacht. Damit habe ich den Stein ins Rollen gebracht. Danach gab es die erste Beteiligung einer Bank.“

Was würdest du Studenten weitergeben, die davor sind zu gründen oder mit dem Gedanken spielen?

„Ich würde [ihnen] sagen, mach einfach. Klar muss es ausgearbeitet sein und du musst wissen, was du machen willst, aber du musst es einfach machen. Es gibt so viele, die sagen ich würde gerne oder ich könnte gerne und machen im Endeffekt nicht. Wenn man feststellt, mir fehlt aber dieses oder jenes, dann lern es doch. Ich grüble selbst sehr viel und überlege, wie man es hätte tun können, aber ich mache es trotzdem. Man sollte sich auch nicht an allen Menschen aufhalten, die [...] einem sagen, sie glauben nicht, dass man es schaffen könne. [...] Auch wenn man Gelder braucht und einem die Banken sagen, sie glauben nicht daran, dass es funktionieren wird. Banken kennen nur das, was gerade da ist oder da war. [...] Viele Banken und auch Menschen lehnen das, was sie nicht kennen in erster Linie ab.”

Fazit

Aus dem Gespräch mit Hakan Sisman können wir Folgendes mitnehmen:

  • Man sollte sich nicht davor scheuen den herkömmlichen Weg zu verlassen.
  • Man sollte nicht zu viel auf Andere hören und sich nicht von anderen Meinungen aufhalten lassen.
  • Man sollte mit dem Rücken zur Wand stehend nicht aufgeben, wenn man von seiner Idee überzeugt ist.
  • Man sollte den Kontakt zur TH suchen und das Netzwerk nutzen.
  • Man sollte gerade zu Beginn natürlich bedacht handeln aber gleichzeitig nicht zu viel überdenken, sondern an den Aufgaben wachsen.
  • Man sollte das Zeitmanagement besonders fokussieren